Oswald Wengerodt
Gebrauchsgrafiker, Maler und Kunstlehrer
(1923 – 2012)
Oswald Wengerodt steht exemplarisch für viele Bürgerinnen und Bürger der Stadt, die in drei gesellschaftlichen Systemen gelebt und das zivilgesellschaftliche Leben der Stadt durch persönliches Engagement bereichert haben. Mit seinen Aktivitäten in einem Zeichenzirkel und dessen langjähriger Leitung griff er in Blankenburg (Harz) eine Tradition der Jahrhundertwende auf. Schon damals waren es Kunstlehrer wie Carl Bähr, die andere anregten, sich mit Mitteln der Malerei künstlerisch auszudrücken.
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Oswald Wengerodt gehört zu einer Generation, die in ihrem Leben mit vielen geschichtlichen Veränderungen umgehen musste. Am 23. April 1923 in Gräfinau-Angerstedt (Thüringen) geboren, trat er in die Fußstapfen seines Vaters Gustav Wengerodt. Er war Maler. Seine Mutter, Lina Wengerodt (geborene Beyer), war Landwirtin.
So machte er 1937 bis 1940 eine Ausbildung zum Dekorationsmaler. Von 1941 bis 1943 war er Schüler und Assistent an der Staatsschule für Handwerk und angewandte Kunst in Weimar. Es war eine sehr breite Ausbildung, die nach späterem Bekunden nicht nur seine Fähigkeiten enorm erweitert hat, sondern seinen weiteren Weg auch bestimmte.
Im Zweiten Weltkrieg wurde er als Soldat eingezogen und geriet in Kriegsgefangenschaft, konnte aber recht schnell nach Thüringen zurückkehren und fand in seinem ehemaligen Ausbildungsbetrieb in Ilmenau eine Anstellung als Schrift- und Dekorationsmaler.
Als in der sowjetischen Besatzungszone im Zuge der Entnazifizierung das gesamte Bildungswesen umgekrempelt wurde, war es ihm durch seine Fähigkeiten und auch seine Jugend möglich, ab 1947 als Fachlehrer für Maler an der Meisterschule für das gestaltende Handwerk in Weimar tätig zu sein.
Mit der Schließung dieser Ausbildungsstätte 1955 entschied er sich für eine Tätigkeit als Dozent an der Meisterschule für Bautechnik in Blankenburg. Von dort aus bestritt er ein Studium an der Karl-Marx-Universität Leipzig und erhielt dort sein Staatsexamen als Kunsterzieher. Die erworbene Qualifikation ermöglichte es ihm, nun weiterhin bis 1988 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Aus- und Weiterbildung Leipzig, wozu die Meisterschule in Blankenburg gehörte, tätig zu sein. Parallel dazu hielt er zwischen 1994 und 2000 an den Volkshochschulen Halberstadt und Wernigerode Lehrgänge ab.
In Blankenburg machte er sich zunächst als Kunstlehrer einen Namen, 1955 war von Vincent Franz Eisele in den Harzer Werken ein Zirkel für „kunstinteressierte Zeitgenossen“ gegründet worden, der sich mit Maltechniken befasste. Hier war er über viele Jahre gemeinsam mit Rudolf Kadereit als Kunstlehrer tätig. Dort und in den beiden Volkshochschulen führte er Interessierte an die Techniken der Kunstmalerei heran. Vielen wurde es so ermöglicht, sich mit den Mitteln der Malerei künstlerisch auszudrücken. Der Zirkel bestimmte über Jahre durch seine Treffen sowie besonders durch seine Ausstellungen das kulturelle Klima der Stadt mit.
In seinem eigenen Schaffen beschäftigte er sich anfangs mit der Landschaftsmalerei und teilweise mit der Schriftgestaltung. Als er nach Blankenburg kam, malte Oswald Wengerodt größtenteils Altstadtmotive. Er malte mit Kreide, Aquarell, Grafit und Kohle, in den 50er und 60er Jahren nutzte er auch Ölfarben.
Die Friedliche Revolution 1989/90 war auch für Oswald Wengerodt eine Zeit einer nochmaligen Neuorientierung. Obwohl schon im Rentenalter, kandidierte er bei der ersten freien Kommunalwahl am 6. Mai 1990 für den Blankenburger Stadtrat. Als dessen ältestes Mitglied kam ihm die Aufgabe zu, die konstituierende Sitzung zu eröffnen.
Die gesellschaftlichen Veränderungen und vor allen Dingen die Aufbruchssituation dieser ersten Jahre hatten auch ihn erfasst. Er brachte sich noch viele Jahre mit seinen Ideen in die Stadtgestaltung ein und prägte das Stadtbild mit. Er entwarf das Logo auf den Briefköpfen der Stadt und anderer Werbeträger, außerdem das Symbol der Stadtwerke, des Pflegeheims „Schlossblick“ und des Tennis-Clubs. Zusammen mit Werner Fleck gestaltete er das Ehrenbuch der Stadt.
Die Gestaltung des Märchenturms an der Wiesenstraße, der von der Westerhäuser Straße zu sehen ist, stammt von Oswald Wengerodt. Immer wieder stellte er seine Werke an verschiedenen Orten in der Stadt aus.
Am 10. November 2012 verstarb Oswald Wengerodt im Alter von 89 Jahren in Blankenburg. Er wurde postum mit der Ehrenbürgerschaft der Stadt Blankenburg (Harz) gewürdigt.
Heutige Spuren
Grabstätte auf dem Waldfriedhof
Märchenturm an der Wiesenstraße
Das Projekt
Der Blankenburger Waldfriedhof ist mit seinen Grabstätten ein regionaler Spiegel deutscher Geschichte, die in ihrer Zeit von hier lebenden Menschen getragen und in vielen Fällen aktiv mitgestaltet wurde.
Die Epochen und Ereignisse ließen sich oft an mehreren Personen abbilden, Bei deren Auswahl handelt es sich um eine notwendige Einschränkung. Die Inhalte sind von Schülerinnen und Schülern und geschichtlich interessierten Bürgerinnen und Bürgern zusammengetragen worden und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie folgen den Grundsätzen, geschichtliches Interesse zu wecken und die jeweiligen Lebenswege, Prozesse und Entwicklungen aus dem Blickwinkel der freiheitlich demokratischen Grundordnung darzustellen.
Das Projekt ist in Kooperation mit dem Land Sachsen-Anhalt, der Stadt Blankenburg und dem VHS-Bildungswerk entstanden. Regionale Bezüge und Hinweise auf weiterführende Quellen sollen motivieren, sich gemeinsame Geschichte zu erschließen.
Für weiterführende Hinweise und etwaige Korrekturen ist das Team Friedhofsprojekt offen. Für die Vermittlung steht das Stadtarchiv als Ansprechpartner zur Verfügung.
Quellen
Internet
https://www.volksstimme.de/nachrichten/lokal/wernigerode/704621_Arbeit-ist-mein-Lebenselixier.html
https://www.harzlife.de/kurios/maerchenturm.html
http://www.schloss-blankenburg.eu/neuigkeiten/?nID=406
Bilder
Oswald Wengerodt im Porträt und bei der Arbeit, Wengerodt-Bilder „Domäne“, „Schlossblick“, Fotos (4): Archiv der Familie
Ehrung O. Wengerodt zum 85. Geburtstag durch die Stadt Blankenburg (Harz), Amtsblatt der Stadt Blankenburg, Mai 2008
Märchenturm an der Wiesenstraße/Westerhäuser Straße, gestaltet von Oswald Wengerodt, Foto: Uwe Lauer
Impressum
Arbeitsgemeinschaft Geschichte des Gymnasiums „Am Thie“ Blankenburg (Harz)
Bearbeitung: Piet Kreuzmann, 11a
Begleitung: Uwe Lauer, Ulrich-Karl Engel (Team Friedhofsprojekt)
Projektleitung: Benedict Volkert
Internetpräsentation: Jörn Zuber
Für die Unterstützung bei der Erarbeitung der Seite danken wir besonders dessen Sohn, Herrn Michael Wengerodt und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung Blankenburg (Harz).