Geschichtsprojekt Blankenburger Waldfriedhof XXIV

Kriegsgräberstätte für Opfer des 1. Weltkrieges
Mahnmal vor den Schrecken des Krieges
(1914 – 1918)

Aus dem Jubel mit dem die europäische Jugend in den Krieg gezogen war, wurde angesichts der Technisierung der Kriegsführung ein Massensterben, das nicht nur an den Fronten sondern auch in Lazaretten in Blankenburg stattfand. Die Kriegsgräberstätte erinnert an den 1. Weltkrieg, der die  „Urkatastrophe“ in der Geschichte des 20. Jahrhunderts wurde.

Lesezeit: 4 Minuten

Gräberfelder und Gedenksteine für die Opfer des Ersten Weltkrieges gibt es auf Friedhöfen in ganz Deutschland, obwohl auf dem Territorium des Deutschen Reiches selbst keine Kampfhandlungen stattgefunden haben. Dies löst regelmäßig Verwunderung aus und hat das Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt im Jahr 2014 veranlasst, anlässlich der 100. Wiederkehr des Kriegsbeginns eine Broschüre unter dem Titel „Gräber erhalten, den Frieden bewahren“ herauszugeben. Sie vermittelt einen Einblick in die historische Situation, in die sich auch die Entstehung des Gräberfeldes auf dem Blankenburger Waldfriedhof einordnet. Die nachfolgende Schilderung stützt sich auf diese Broschüre und ergänzende Informationen des Stadtarchivs.

Bei Ausbruch des Krieges gingen die Militärs von kurzen Auseinandersetzungen mit einer überschaubaren Zahl von Opfern aus. Die Bestattung der Toten sollte in der Regel am Sterbeort stattfinden. Nachdem es der Frontverlauf zuließ, wären sie zu exhumieren und in größeren Grabanlagen zu bestatten.

Verwundete sollten in Lazarette in der Heimat gebracht werden. Solche Lazarette wurden mit Kriegsbeginn auch in Blankenburg eingerichtet. Das Adressbuch der Stadt für 1914 verzeichnet solche Lazarette. Ab August 1914 an der Wasserstelle und Am Thie mit zusammen 1180 Betten.

Der Kriegsverlauf und der Einsatz neuer Waffen ließen die Opferzahlen sehr schnell in Dimensionen steigen, auf die diese Planung nicht ausgerichtet war. Die in den Lazaretten im Hinterland verstorbenen Soldaten konnten nur zum kleinen Teil in Heimatorte zu den Familien überführt werden und wurden am Ort der Lazarette beerdigt.

Der Grad der organisatorischen Überforderung wird daraus ersichtlich, dass das Kriegsministerium im März 1915 anweisen musste, dass die Namen der Kriegstoten in den Lazaretten zu erfassen seien. Weitergehende Festlegung, etwa zur Gestaltung der Grabstätten, gab es bis Ende 1915 nicht. Das führte dazu, dass örtliche Steinmetzbetriebe und Bestattungsunternehmen in der Gestaltung solcher Grabstätten ein neues lukratives Geschäftsfeld  entdeckten.

In der Folge kam es im ganzen Reich zu einem gestalterischer Wildwuchs bei solchen Grabanlagen, die zu einem öffentlichen Ärgernis wurden.  An Heiligabend 1915 sah sich das Kriegsministerium veranlasst, eine „Beratungsstelle für  Kriegerehrungen“ in Aussicht zu stellen, deren Aufgabe es sein sollte, durch „Aufklärung und Beratung einer würdigen, soldatisch schlichten Gestaltung der Gräber der für das Vaterland gebliebenen Krieger zu dienen“.  Im Februar 1917 sah sich der Kaiser veranlasst, mit einer Kabinettsorder selbst einzugreifen. Er legte fest, dass bei Grabanlagen keinerlei Unterschied nach Dienstgraden zu machen sei.

In Blankenburg war eine betont schlichte Grabstätte geschaffen worden, die zwar  dem vom Kaiser 1917 ausgegebenen Leitbild entsprach, jedoch mehr als eine Notlösung angesehen wurde. Der Blick war damals auf die Schaffung eines größeren Weltkriegsdenkmals außerhalb des Friedhofs gerichtet, an dem auch der „hundert anderen Söhne unserer Stadt draußen“, also jener Gefallenen gedacht werden sollte, die auf den Schlachtfeldern geblieben waren. Zu einem solchen Denkmal kam es aber in der Folge nicht. 

Im Adressbuch der Stadt Blankenburg 1920, Seite 26/27 ist vermerkt, dass am 16. November 1916 an den „Gräbern der gefallenen Helden“ eine offizielle Gedächtnisfeier stattfand, an der sich eine Abteilung des Ersatzbataillons mit Musik, die Genesenen-Kompanie, Verwundete aus den Lazaretten, Abordnungen der Kriegervereine und der Sanitätskolonne vom Roten Kreuz beteiligten. Als Vertreter Ihrer Königlichen Hoheiten des Herzogspaares war Graf von der Schulenburg zugegen. Außerdem nahmen Vertreter der Behörden, des Offizierskorps, Ärzte und Lazarettbeamte, Schwestern vom Roten Kreuz und eine zahlreiche Trauergemeinde teil.  Eine weitere Feier ist darin am 25. November des Folgejahres vermerkt. 

Seine abschließende Gestaltung und damit die heutige Form erlangte das Gräberfeld durch die Aufstellung eines Obelisken aus Heidelbergsandstein der vom Braunschweiger Architekten Pfeiffer geschaffen wurde. Seine Einweihung fand am 8. Mai 1921 mit einer „Heldenfeier“ statt. Hier fanden 96 Soldaten ihre letzte Ruhestätte, darunter 32 Blankenburger und 64 Soldaten aus anderen Orten des deutschen Reiches. Im Stadtarchiv wird eine Liste der hier Bestatteten aufbewahrt, die einen Einblick ermöglicht, wie jung die Soldaten waren. 

Auf der Grundlage des Gesetzes über die Erhaltung der Kriegsgräber aus dem Weltkrieg vom 29. Dezember 1922 wurden auch die Blankenburger Kriegsgräber geschützt. Heute gehört es zum Völkerrecht, dass Kriegsgräber dauerhaft geschützt sind. Auf ihnen haben Kriegstote ein ewiges Ruherecht. Nach wechselnden, oft politisch motivierten Bezeichnungen werden solche Anlagen heute in der Bundesrepublik als Kriegsgräberstätten bezeichnet.

Heutige Spuren

Gräberfeld auf dem Waldfriedhof mit 98 Grabstätten (davon zwei nicht belegt) und einem Obelisken

Das Projekt

Der Blankenburger Waldfriedhof ist mit seinen Grabstätten ein regionaler Spiegel deutscher Geschichte, die in ihrer Zeit von hier lebenden Menschen getragen und in vielen Fällen aktiv mitgestaltet wurde.

Die Epochen und Ereignisse ließen sich oft an mehreren Personen abbilden, Bei deren  Auswahl handelt es sich um eine notwendige Einschränkung. Die Inhalte sind von Schülerinnen und Schülern und geschichtlich interessierten Bürgerinnen und Bürgern zusammengetragen worden und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie folgen den Grundsätzen, geschichtliches Interesse zu wecken und die jeweiligen Lebenswege, Prozesse und Entwicklungen aus dem Blickwinkel der freiheitlich demokratischen Grundordnung darzustellen.

Das Projekt ist in Kooperation mit dem Land Sachsen-Anhalt, der Stadt Blankenburg und dem VHS-Bildungswerk entstanden. Regionale Bezüge und Hinweise auf weiterführende Quellen sollen motivieren, sich gemeinsame Geschichte zu erschließen.

Für weiterführende Hinweise und etwaige Korrekturen ist das Team Friedhofsprojekt offen. Für die Vermittlung steht das Stadtarchiv als Ansprechpartner zur Verfügung.

Quellen

Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt: Die Gräber erhalten, den Frieden bewahren – Gräber für die Opfer des 1. Weltkrieges auf dem Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalt.

Blankenburger Kreiszeitung vom 8. Mai 1921 und 9. Mai 1921.

Bilder

Gräberfeld 1914-18 mit Obelisk, Fotos (3): Burkhard Falkner

Impressum

Arbeitsgemeinschaft Geschichte des Gymnasiums „Am Thie“ Blankenburg (Harz) und Team Friedhofsprojekt

Bearbeitung: Ulrich-Karl Engel (Team Friedhofsprojekt)

Projektleitung: Benedict Volkert

Internetpräsentation: Jörn Zuber

Für die Unterstützung bei der Erarbeitung dieser Seite danken wir dem Stadtarchiv Blankenburg.

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