Carl Dolezalek
Eisenbahn-Bauingenieur, Hochschullehrer
(Miterbauer des Gotthardtunnels)
(1843 – 1930)
Carl Dolezalek war Eisenbahn-Bauingenieur, Hochschullehrer und Berater für Eisenbahn und Tunnelbau. In einer Zeit ehrgeiziger Eisenbahnbauvorhaben in ganz Europa war er u.a. am Bau des Schweizer Gotthard-Bahntunnels beteiligt.
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Carl Dolezalek wurde am 1. September 1843 in Marburg an der Drau (Steiermark, heute Slowenien) geboren. Seine Eltern waren Amalie Pringer und der Finanzwache-Oberkommissars Vinzenz Dolezalek. Er absolvierte das Gymnasium in Graz und ein wissenschaftlich-technisches Studium an der Technischen Hochschule Wien. Danach war er etwa zehn Jahre lang mit Entwürfen und beim Bau von Eisenbahnprojekten in Österreich-Ungarn tätig. 1871 wurde er Oberingenieur bei der ungarischen Nord-Ost-Bahn.
Als bereits ausgewiesenen Bahnbauexperten engagierte man ihn 1873 in der Schweiz (nach anderen Quellen erst 1875) als Sektionsingenieur im Kanton Uri für den spektakulären Bau des Gotthardtunnels.
Eine Untertunnelung des Gotthard-Massives für den Eisenbahnverkehr war seinerzeit eine europaweit diskutierte technische Herausforderung. Ein Tunnel sollte eine Alternative zur 1830 freigegebenen aber beschwerlichen Gotthard-Passstraße werden. In 1150 Metern über dem Meeresspiegel und in der Mitte etwa 1100 Meter unter dem Gebirge sollte durch eine 15 Kilometer lange Röhre eine weitere europäische Nord-Südverbindung geschaffen werden. Nach vielen Jahren der Vorbereitung und einer Finanzierungsvereinbarung zwischen Italien, der Schweiz und Deutschland wurde die „Röhre“ ab 1872 von zwei Seiten her in das Gotthard-Massiv gegraben und gesprengt.
Carl Dolezalek war bis 1877 am Bau des Eisenbahntunnels beteiligt. Ihm wird die Projektierung der sogenannten Kehrschleife am Südportal des Tunnels zugeschrieben. Durch die Kehrschleifen werden der Höhenunterschied zwischen Tunnelausgang und dem weiter unten liegenden Gelände spiralförmig überwunden.
Gearbeitet wurde damals rund um die Uhr. Auf Zeitverzug durch technische Probleme wurde mit dem Einsatz von immer mehr Arbeitskräften reagiert. Durch Arbeitsunfälle haben 199 Arbeiter das ehrgeizige Bauwerk mit dem Leben bezahlt. Verletzte wurden ebenso wenig erfasst, wie die, die an den Spätfolgen Silikose, anderen Krankheiten oder dem Befall mit dem Hakenwurm verstarben; einem Schmarotzer, der beim Bau des Gotthard-Tunnels in Europa erstmals entdeckt wurde. Die schlechten Arbeitsbedingungen und der Lohn führten zu Streikaktionen, die den Vortrieb 1875 kurzzeitig lahm legten und mit Waffengewalt gebrochen wurde.
Als ingenieurtechnische Meisterleistung gilt, dass sich die von Norden und Süden vorangetriebenen Röhren mit einem minimalen Versatz von 33 cm am 29. Februar 1880 trafen. Am 1. Juni 1882 passierte der erste Zug die zweigleisige Strecke unter dem Gotthardmassiv.
Dolezalek hatte zu diesem Zeitpunkt schon eine Professur für Eisenbahn- und Tunnelbau an der technischen Hochschule Hannover inne, die er 1877 annahm. Er führte diese Bildungseinrichtung später von 1886 bis 1892 als Rektor. 1907 folgte Dolezalek dann einem Ruf an die Technische Hochschule Berlin. Er übernahm dort ebenfalls den Lehrstuhl für Eisenbahn- und Tunnelbau und war bis in sein 85. Lebensjahr als Hochschullehrer aktiv. Zudem war er bei weiteren Tunnelbauvorhaben als Berater, Gutachter und Vermittler in eisenbahntechnischen Fragen tätig.
1868 hatte Carl Dolezalek in Wien Adelheid Anna Frankenberger, die Tochter eines Porträtmalers, geheiratet. Sie hatten zwei Söhne, Carl Anton Vincens und Friedrich, die später als Hochschullehrer für Stahl- und Eisenbau bzw. für physikalische Chemie tätig waren.
Wann die Familie nach Blankenburg kam, ließ sich bisher nicht ermitteln. Genauso wenig ist die Frage geklärt, ob die auch als Pionierleistung geltende Rübelandbahn die Entscheidung für seinen Altersitz beeinflusst hat.
Carl Dolezalek starb als Ehrendoktor der Technischen Hochschulen in Hannover und in Berlin sowie als Ehrenbürger der Stadt Berlin am 24. Januar 1930 in Blankenburg.
Heutige Spuren
Grabstein der Familie auf dem Waldfriedhof
Das Projekt
Der Blankenburger Waldfriedhof ist mit seinen Grabstätten ein Kulturdenkmal und regionaler Spiegel deutscher Geschichte, die in ihrer Zeit von hier lebenden Menschen getragen und in vielen Fällen aktiv mitgestaltet wurde.
Die Epochen und Ereignisse ließen sich oft an mehreren Personen abbilden. Bei deren Auswahl handelt es sich um eine notwendige Einschränkung. Die Inhalte sind von Schülerinnen und Schülern und geschichtlich interessierten Bürgerinnen und Bürgern zusammengetragen worden und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie folgen den Grundsätzen, geschichtliches Interesse zu wecken und die jeweiligen Lebenswege, Prozesse und Entwicklungen aus dem Blickwinkel der freiheitlich demokratischen Grundordnung darzustellen.
Das Projekt ist in Kooperation mit dem Land Sachsen-Anhalt, der Stadt Blankenburg und dem VHS-Bildungswerk entstanden. Regionale Bezüge und Hinweise auf weiterführende Quellen sollen motivieren, sich Geschichte der engeren Heimat, aber auch deutsche und europäische Geschichte zu erschließen.
Für weiterführende Hinweise und etwaige Korrekturen ist das Team Friedhofsprojekt offen. Das Stadtarchiv steht als Ansprechpartner zur Verfügung.
Quellen
C. A.: † Carl Dolezalek. In: Schweizerische Bauzeitung. Band 95/96, Nr. 7, 15. Februar 1930, S. 97, doi:10.5169/seals-43953.
Frevert: Geheimrat Prof. Dr. Dolezalek †. In: Die Bautechnik, 8. Jahrgang, Heft 8 (21. Februar 1930), S. 119.
Paul Trommsdorff: Der Lehrkörper der Technischen Hochschule Hannover 1831–1931. Hannover 1931, S. 73.
Walter Sbrezsny: Dolezalek, Carl Borromäus. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 4, Duncker & Humblot, Berlin 1959, ISBN 3-428-00185-0, S. 60 (Digitalisat).
Internet
Wikipedia zu den Stichworten Carl Dolezalek, Gotthardtunnel
Youtube: SRFDok #doku #gotthard
Bilder
Porträt – Quelle Internet
Bild von der Grabstele auf dem Waldfriedhof, Foto: Burkhard Falkner
Impressum
Arbeitsgemeinschaft Geschichte des Gymnasiums „Am Thie“ Blankenburg (Harz) und Team Friedhofsprojekt
Bearbeitung: Burkhard Falkner (Team Friedhofsprojekt)
Projektleitung: Benedict Volkert
Internetpräsentation: Jörn Zuber